Bergführerkurs Jahrhundertwende

Die Ortsstelle Villach im Wandel der Zeit

Von der Gründung bis zur Gegenwart

Die Ortsstelle Villach im Wandel der Zeit

Von der Gründung bis zur Gegenwart

Die Ursprünge der Ortsstelle Villach des Österreichischen Bergrettungsdienstes sind im Österreichischen Alpenverein, Sektion Villach, zu suchen. In der Chronik der Sektion Villach des ÖAV finden wir schon sehr früh Meldungen über Vermisste, Verletzte und tödlich Verunglückte in den Bergen.

Als erste Maßnahme zur Hilfeleistung bei Bergunfällen wurden schon vor der Jahrhundertwende Bergführer in den besonders gefährdeten Gebieten (Raibler Berge) mit Taschenapotheken und Ausrüstungsgegenständen ausgestattet. Nach mehreren Unfällen in den Jahren 1897, drei Unfällen 1902 sowie einem Absturz von der Mojstrovka 1903 wurde das Rettungswesen organisiert. 1903 wurde auch Mag. Josef Aichinger zum Referenten für das Rettungswesen im Zweig Villach des ÖAV bestellt. Dazu wurden 14 Meldestellen in den Bereichen Villach, Bleiberg, Raibl und Wolfsbach eingerichtet. Der Aufbau erfolgte innerhalb der Sektion Villach des ÖAV und war der Beginn des alpinen Rettungswesens in Kärnten. Bereits im Jahre 1904 trat die Sektion der vom Gesamtverein (Innsbruck) beschlossenen „Organisation für das Rettungswesen“ bei. Unter der Leitung von Ing. Ludwig Walter (ehemaliges Ludwig-Walter-Haus am Dobratsch, heute Dobratsch-Gipfel-Haus) nahm die Organisation der Bergführerkurse und des Bergrettungswesens einen großen Aufschwung. Josef Aichinger wurde im selben Jahr zum Obmann der Rettungsstelle Villach gewählt. Ihm zur Seite stand der Arzt Dr. Josef Schmautzer, der den Unterricht in Erster Hilfe erteilte.

Die Bergführer, deren Zahl vor dem 1. Weltkrieg in unserem Arbeitsgebiet sehr groß war, wurden zur Hilfeleistung verpflichtet. In allen Schutzhütten und bergnahen Gasthöfen wurden Meldeposten eingerichtet und mit Geräten versorgt. Bereits 1903 stand ein alpiner Rettungsdienst, dem die besten Bergsteiger der Sektion angehörten, zur Verfügung. Die Julischen Alpen und der Dobratsch waren unsere Haupteinsatzgebiete. Im Jahre 1905 musste eine Rettungsmannschaft auf den Dobratsch, um ein vom überraschend eingetretenen Wintereinbruch betroffenes Pferdefuhrwerk zu Tal zu bringen. Ein andermal kam ein Hilferuf von italienischen Bergsteigern, die unbeabsichtigt im Raum Görz die damalige Grenze überschritten hatten und von der k. u. k. Gendarmerie in Haft gesetzt wurden. Der Intervention unserer „Rettungsmannschaft“ zufolge gelang die Freilassung der befreundeten Bergsteigergruppe. 1909 kamen bei einem Schirennen einige Läufer einer Offiziersgruppe im Schneesturm von der Abfahrt ab und konnten mit teilweise schweren Erfrierungen geborgen werden.

In den 1920er Jahren waren bereits Karl Kucher (Ortsstellenleiter) und Leo Spannraft bei Rettungseinsätzen dabei. Ab 1913 vergeht kein Jahr, in dem nicht ein Alarmruf aus den Bergen den Rettungsdienst erreicht. Bereits 1911 wurde für den Bergrettungsmann ein Versicherungsschutz geschaffen und das Meldenetz (Anm.: offensichtlich das Telefonnetz) besser ausgebaut. Im Zuge der Neuorganisation 1913 des alpinen Rettungswesens in Kärnten wurde Villach Sitz der Landesleitung, und Moritz Benedikt wurde ihr langjähriger Leiter. Der Landesstelle Villach unterstanden 26 Rettungsstellen und 121 Meldestellen in Kärnten und in den Julischen Alpen.

Im Ersten Weltkrieg, zwischen 1914 und 1918, war der Bergrettungsdienst Villach verwaist. Auf Moritz Benedikt folgte während des letzten Krieges Hans Auer. Nach der Machtübernahme mutierten wir während der Kriegszeit zur „Deutschen Bergwacht“. Nach Auflösung aller Vereine nach dem Zweiten Weltkrieg waren es einige wenige, die den Bergrettungsdienst ab 1946 unter der Leitung von Hans Auer wieder aktivierten.

1946 war auch das Jahr, in dem der Österreichische Bergrettungsdienst mit Bundesleitung, Landesleitung und Ortsstellen eine eigenständige Organisation wurde. 1959 wurde die Landesleitung nach Klagenfurt verlegt.

Eingeschränkt war auch die Tourentätigkeit unter den Bergsteigern. In den 1950er Jahren war es langsam wieder möglich, die Julischen Alpen aufzusuchen, wobei als Beförderungsmittel das Fahrrad diente. Naturgemäß kam es – auch mit zögernd zunehmendem Tourismus – wieder zu vermehrten Bergrettungseinsätzen in diesem Gebiet. Viele Einsätze galten auch Flüchtlingen, die über die Karawanken in die Freiheit wollten und auf der teilweise schroffen Nordseite in Schwierigkeiten kamen.

Hans Auer führte die Ortsstelle bis 1959. Von 1959 an war Karl Kucher Ortsstellenleiter, der den Auf- und Ausbau der Ortsstelle Villach entscheidend beeinflusst hat. Auf dem Dobratsch wurde ein Überwachungsdienst auf Schirouten und Pisten eingeführt. Für junge Mitglieder (Anwärter) war ein Nachtdienst beim Roten Kreuz verpflichtend, wodurch ein hoher Ausbildungsstand in Erster Hilfe gegeben war. Außer dem Aufbau einer starken Mannschaft und deren Ausbildung lieferte die Ortsstelle einen beachtlichen Beitrag zur Ersten Hilfeleistung mit der Herstellung des Kärntner Wärmebeutels. Diese chemische Thermophore wurde nach langer Zusammenarbeit unseres Bergrettungs- und Landesarztes Dr. Steinwender mit einem chemischen Unternehmen in Villach entwickelt und in Einsätzen verwendet. Erste zaghafte Annäherungen an Friaul und Slowenien wurden unternommen. Von 1959 bis 1980 ist der Mitgliederstand von 15 auf über 50 angewachsen. In diese Zeit fällt auch die erste Bergung mit einem Flächenflugzeug in Kärnten durch Werginz, der mit einer „Pip“ im inneren Glocknerkar oberhalb der Adlersruhe landete. Es folgten der Hubschrauber, die Entwicklung des Funk- und Alarmierungssystems, der Aufbau einer Lawinenhundestaffel, die Entwicklung des Stahlseilgerätes und vieler anderer Rettungs- und Ausrüstungsgegenstände.

Ab Dezember 1980 leitete Walter Lackner die Ortsstelle. 1981 zählte die Ortsstelle 55 Mitglieder einschließlich der sieben Lawinenhundeführer. Die Kontakte zu unseren italienischen und slowenischen Freunden wurden durch gemeinsame Übungen, z. B. am Villacher Turm, ausgebaut. Die interne Verständigung war schwierig, da eine schnelle Kommunikation über Festnetzgeräte naturgemäß nicht gegeben war. Zur Verfügung standen damals drei Funkgeräte. 1983 verzeichnete die Ortsstelle Villach 60 BRD-Männer. Von Kameraden der Ortsstelle Villach wurden auch erfolgreiche Auslandsbergfahrten zum Phurba Seto Himal (6.770 m, Bhutan), Jenguz Har im Karakorum (7.050 m mit 12 Teilnehmern), nach Patagonien und zum Ruwenzori in Afrika durchgeführt. Sechs Alarmgruppen bildeten die Basis der Bergrettung Villach. Jeder Alarmgruppenleiter hatte seine Männer zu verständigen. Die medizinische Ausbildung lag in den Händen von Bergrettungs- und Landesarzt Dr. Karl Pallasmann. Die jährlichen Einsätze bewegten sich zwischen 17 und 32. 1993 erfolgte die Übersiedlung des Geräteraums vom Keller im Rotkreuzhaus in das Feuerwehrzentrum Villach (Gerätewarte: Anton Lindermuth und Helmut Bieche). Im Jahre 1999 wurde das Alarmsystem grundlegend verändert und die Alarmierung durch die Landesalarm- und Warnzentrale über das Mobiltelefon mittels SMS durchgeführt. Zu diesem Zweck wurden zehn Wertkartentelefone angekauft

Nach 26 Jahren übergab Walter Lackner im Dezember 2006 die Führung der Ortsstelle an Günther Pischelsberger. Nun zog die Technisierung in die Bergrettung allgemein ein. Den neuen Herausforderungen entsprechend erfolgte die interne Verständigung über E-Mails und die Einsatzverständigung über SMS bzw. aktuell über WhatsApp. Sucheinsätze werden GPS-unterstützt in Verbindung mit speziellen Computerprogrammen durchgeführt. Trendsportarten wie Paragleiten, Canyoning, Eiswasserfallklettern bedingten Spezialisierungen wie z. B. die Schluchtenbergung durch Seilbahnbau. Bergungen aus Seilbahn und Sessellift erfordern spezielle Ausbildungen, Kenntnisse und Materialeinsatz. Im Jahre 2009 wurde über die Landesorganisation, mit einem Beitrag von EUR 10.000,00 der Ortsstelle, ein Allrad-Einsatzfahrzeug angeschafft und dieses in weiterer Folge mit entsprechenden Einsatzmodulen ausgestattet.

Im Jahre 2016 übernahm Arnulf Müller die Leitung der Ortsstelle Villach. In den Jahren 2021 und 2022 wurde die neue Einsatzzentrale aufgebaut.  Im Jahre 2024 wurde ein zweites Einsatzfahrzeug angeschafft, ein Toyota Hilux.