15.05.2025

Wie sich aus sechs Freunden die OS Lesachtal entwickelte

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„Berge, Berge und nochmals Berge. Außer den Bergen hatten wir damals im Lesachtal nicht viel. Und diese haben uns fasziniert. Vom Bergsteigen hatten wir ehrlich gesagt keine Ahnung. Nicht einmal ein Seil hatten wir, von der restlichen Ausrüstung ganz zu schweigen“, erinnert sich Gründungsmitglied Franz Unterluggauer zurück. Mit gemeinsamen Touren auch mit geübten Bergsteigern aus der Lienzer Gegend sammelten die Lesachtaler Berg-Pioniere nicht nur Erfahrung, sondern auch einzigartige Momente und Erinnerungen. „Diese Freude und Kameradschaft hat uns vor 60 Jahren dazu bewegt die Bergrettung bei uns im Tal zu etablieren“, sagt Unterluggauer. Er und Franz Ortner sind die einzigen der Gründungsmitglieder, die noch über diese Zeit berichten können.

Einsatz brachte erstes Funkgerät

Nach der Gründung im Jahr 1964 hat es nicht lange gedauert und die Männer rückten zu den ersten offiziellen Rettungseinsätzen aus. An einen kann sich Franz Unterluggauer noch ganz genau erinnern: „Frau Schmitz hat sich bei einer Tour auf die Raudenspitze den Fuß gebrochen. Wir haben sie mit einer Feuerwehrtrage hinunter getragen und mitbekommen, dass es sich um die Schwester des damaligen Finanzministers handelte.“ Da überlegten die Bergrettungsmänner nicht lange, nutzen die Gunst der Stunde und schrieben dem Finanzminister kurzerhand einen Brief. „Wir hatten ja weder genügend Material, geschweige denn ein Funkgerät. Also baten wir um ein solches. Das bekamen wir tatsächlich. Nur leider funktionierte es kaum“, schmunzelt Unterluggauer. Zu dieser Zeit war Sebastian Tiefenbacher Obmann der Bergrettung. Zu den Gründungsmitgliedern zählten neben Unterluggauer und Tiefenbacher noch Hans Seiwald, Franz Ortner, Josef Guggenberger und Karl Turn. Es dauerte nicht lange und mit Leo Salcher, Hans Staudacher und Benno Unterluggauer stießen die nächsten legendären Mitglieder dazu.

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Als eine der ersten Ortsstellen in Kärnten richteten die Männer Ende der 1960er Jahre ein Firnrennen aus. „Wir luden alle Kärntner Ortsstellen ein. Das gab es damals so noch nicht. Dass wir dabei viel Gaude hatten, brauche ich wohl nicht zu erwähnen“, lacht Unterluggauer. 1971 stellten die Bergretter das erste Gipfelkreuz am Bösen Weibele auf. „Alle Utensilien wurden von uns hinaufgetragen. Das war eine Schinterei“, erinnert sich das Gründungsmitglied. Durch Josef Guggenberger, der Wirt vom Hochweißsteinhaus war, intensivierten sich bald die Kontakte zu den Kameraden der Italienischen Bergrettung in Forni Avoltri und Sappada. Dabei standen auch gemeinsame Übungen am Programm. „Das eine oder andere Tröpfchen Wein gab es natürlich auch“, sagt Franz Unterluggauer. Bis heute sind die Kontakte nach Italien aufrecht. Jedes Jahr begleiten die Bergretter aus dem Lesachtal die hunderten Teilnehmer der Wallfahrt aus Sappada (Plodn) nach Maria Luggau.

 

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Almfest und Skitourenrennen

Um das Budget der Ortsstelle aufzubessern, führten die Bergretter von den 1970er bis in die 1990er Jahren regelmäßig ein Almfest durch. „Lustig wars. Mit dem Geld konnten wir neues Material ankaufen“, sagt Unterluggauer. Von 1986 bis 2014 fand 20 Mal das Lesachtaler Skitourenrennen statt. Schweren Herzens kann dies aufgrund diverser Anforderungen, die nicht mehr finanzierbar sind,  nicht mehr durchgeführt werden. Erwähnenswert ist auch, dass sich 1996 die erste ausgebildete Bergretterin Kärntens zur Ortsstelle Lesachtal zählte. Mit zwölf Damen in der Ortsstelle gehören wir auch heute noch kärntenweit zu den Spitzenreitern.

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Einsätze und Besonderheiten

Einer der größten, längsten und auch fordernsten Einsätze im Lesachtal war die viertägige Suche nach einer abgängigen Person im Jahr 2015. Drei Jahre danach bekam die Ortsstelle ihr erstes eigenes Einsatzfahrzeug. Auf den VW Bus achtete so mancher Kollege besser als auf sein eigenes Hab und Gut. Nachdem es nun ein Einsatzfahrzeug gab, benötigten die Lesachtaler auch einen geeigneten Abstellplatz. Mit viel Eigenarbeit wurde 2019 der vorhandene Bergrettungsraum um eine Garage sowie Einsatzzentrale erweitert.

Das Sturmtief Vaia, das im Oktober 2018 über Österreich fegte, sorgte für einen Einsatz der etwas anderen Art. Durch die Auswirkungen des Sturmes wurden Teile der Gailtalstraße zerstört. Damit die Schüler über eine Forststraße ins Bildungszentrum Lesachtal gebracht werden konnten, halfen die lokalen Bergretter. „Drei Wochen lang haben wir einen Teil des Schülertransports übernommen. Das heißt, wir haben etwa 30 Kinder aus Untertilliach und Maria Luggau in der Früh in die Schule und mittags wieder nach Hause gebracht“, erinnert sich der damalige Ortsstellenleiter Jan Salcher zurück.

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Die teils harten Winter hielten die Lesachtaler Bergretter schon immer auf Trab. Besonders gefordert waren die Kameraden jedoch am 7. Dezember 2020. Das Tal war abgeschnitten. Die Straßen gesperrt. Es lag meterhoch Schnee. Just an diesem Tag machten starke Schwankungen des Zuckers einer Lesachtalerin, die auf 1500 Metern Seehöhe lebt, enorme Probleme. Daraufhin machte sich ein Trupp Bergretter mit Unterstützung des lokalen Schneeräumdienstes auf den Weg zum abgelegenen Hof. Der gut drei Kilometer lange Weg war stark lawinengefährdet. Schlussendlich konnte die Damen der Rettung sicher übergeben werden.  „Das Besondere an diesem Einsatz war die Zusammenarbeit der vielen Organisationen unter der Einsatzleitung der Bergrettung Lesachtal. Jeder hat seinen Teil beigetragen. Für das hat uns Ö3 mit dem Verkehrsaward ausgezeichnet, was uns sehr gefreut hat“, sagt der derzeitige Ortsstellenleiter Josef Lugger.

Auch die guten Kontakte ins benachbarte Tirol, zeigten sich mit dem Ankauf einer Drohne gemeinsam mit der Ortsstelle Obertilliach im vergangenen Jahr.

Doch leider gibt es nicht nur erfreuliche Erinnerungen in den 60 Jahren Vereinsgeschichte. Die Bergretter mussten zahlreiche Kameraden zu Grabe tragen und gedenken diesen besonders im Zuge der 60-Jahr-Feier.